Das jüngste MotionMiners-Projekt führt Kolja Dittmann (Senior Business Improvement Manager) und Thomas Nell (Senior Process Improvement Manager) der BLG zu dem trimodalen Autoterminal in Hamburg. Dort werden jährlich etwa 150.000 Fahrzeuge umgeschlagen, inklusive diverser Mehrwertdienstleitungen für Endkunden. Das leicht transportierbare Mess-Equipment haben die beiden Improvement Manager in einem Koffer dabei. Es umfasst 8 Mess-Sets (24 tragbare Sensoren) sowie 200 Beacons (zur Lokalisierung der Messdaten via Bluetooth). Das Projektziel umreißt Dittmann wie folgt: „Wir wollen Transparenz über die Flächeneffizienz, die Auslastung und die ergonomische Situation der Mitarbeitenden erlangen.“
Realdaten für hohe Glaubwürdigkeit
Nur zwei Wochen dauert die Messung der Bewegungsdaten. In diesem Zeitraum tragen acht freiwillige Mitarbeiter:innen täglich jeweils drei Sensoren. Zwei sind mit Schweißbändern an den Handgelenken befestigt, einer am Gürtel. Die leicht installierbaren Bluetooth-Beacons sorgen für eine sichere Positionsbestimmung. Gemessen werden die Übergabeinspektion, das Umrüsten von Reifen und die Fahrzeugaufbereitung. Mit einem überschaubaren Aufwand für den Standort. Nell fasst das Feedback der Operativen zusammen: „Die Mitarbeitenden werden durch das Tragen der Sensoren in ihrem Tagesgeschäft nicht beeinträchtigt und beeinflusst. Durch die natürliche Integration in den Alltag entstehen valide Prozessdaten der gemessenen Abläufe.“
Grundlage für schnelle Entscheidungen
Am Ende der Schicht werden die Sensoren in der Dockingstation geladen und die Daten in das Analyse-Dashboard transferiert. Über 14 Tage summieren sich etwa 600 anonymisierte Datenstunden auf. Die anschließende Auswertung in der Software MotionMiners PROCESS INTELLIGENCE (kurz: MPI) legt ein erhebliches Optimierungspotenzial offen – angefangen bei den genutzten Flächen, über lange Wegstrecken bis hin zur Ergonomie beim Reifenhandling. Für die daraus abgeleiteten Maßnahmen lässt sich leicht ein Konsens finden. „Die Realdaten sorgen für eine hohe Glaubwürdigkeit gegenüber den Stakeholdern und den operativen Prozessspezialisten, die tagtäglich in den Prozessen arbeiten“, lautet Dittmanns Erfahrung.
Das Maßnahmenbündel
Entschieden ist bereits, dass die Übergabeinspektion, das Umrüsten von Reifen und die Fahrzeugaufbereitung, die bisher in zwei Hallen stattfinden, unter einem Dach gebündelt werden. In der Folge wird eine komplette Halle eingespart. „Wir werden spürbar Strom- und Heizkosten einsparen, wodurch wir auf unsere Nachhaltigkeits- und Kostenziele einzahlen“, kalkuliert Dittmann. Im Bereich der Ergonomie soll die Belastung für die Mitarbeitenden im Reifenhandling reduziert werden. „Hier sind wir in der Testphase mit verschiedenen Exoskeletten, die wir bei positiver Auswertung in den Regelbetrieb übernehmen werden“, ergänzt Dittmann.
Im Rahmen des Projekts hat das BLG-Team auch Objekte mit Bewegungssensoren ausgestattet, um deren ergonomische Relevanz zu testen. Konkret geht es um Hocker, die die Mitarbeitenden bei der Fahrzeugaufbereitung einsetzen. Durch die Analyse kann Dittmann den Nutzen beziffern: „Ohne das Hilfsmittel Hocker fällt die gebeugte Haltung um 50 Prozent höher aus.“
Mitarbeitende und Betriebsrat an Bord
Für die Akzeptanz der Mitarbeitenden ist es essenziell, dass nicht nur gemessen wird, sondern daraus Verbesserungen folgen. Ein weiterer Aspekt ist die Einbindung von Anfang an. In Informationsveranstaltungen werden die Mitarbeitenden über die Technik, die Mess- und Analyseziele sowie die Frage „Was passiert mit meinen Daten?“ aufgeklärt. Dabei steht der Datenschutz gemäß Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) an oberster Stelle. Der Betriebsrat wird parallel in die MotionMiners-Projekte einbezogen. „Aus dessen Sicht ist es von größter Bedeutung, dass die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden stets gewahrt bleiben und sich weder Daten noch Analysen auf einzelne Personen herunterbrechen lassen“, erläutert Nell.
3 Stufen: Testphase, Pilotphase, Lizenzerwerb
Die Zusammenarbeit mit MotionMiners startete die BLG im Jahr 2020 im Rahmen eines 100-Tage-Innovationsprojekts in Bremen. Dieses Format gab den Beteiligten die Möglichkeit, die Anwendung 100 Tage auszuprobieren. „Im Nachgang haben wir zwei Pilotprojekte in Bremen und Sindelfingen durchgeführt. Die Ergebnisse haben uns überzeugt, das Equipment als Lizenz zu erwerben“, resümiert Nell. Der Einstieg in den Umgang mit den Tools bewertet er als einfach. Der Schulungsaufwand für die Analysten beträgt etwa einen Tag, für die Mitarbeitenden liegt er deutlich darunter.
Erstes Eigenprojekt in der Kontraktlogistik
In Eigenregie durchgeführt hat die BLG neben dem Projekt am Autoterminal in Hamburg bis jetzt ein weiteres im Bereich der Kontraktlogistik in Bremen. In diesem Fall ging es um vorbereitende Umschlagtätigkeiten für Container-Überseetransporte, bei denen Automobilteile von Mehrweg- auf Einwegladungsträger umgepackt wurden. Die Messungen lieferten den Beweis für die Vermutung, dass die Versorgung der Packflächen aufgrund sich geänderter Rahmenbedingungen nicht mehr optimal war und die Mitarbeitenden viel in gebückter Haltung arbeiteten. Zu den Verbesserungsmaßnahmen zählen eine Testphase mit Exoskeletten sowie logistische Optimierungen.
Institutionalisierung des Messkoffers
Nach den erfolgreichen Einzelprojekten in den Bereichen Kontraktlogistik und Automobilumschlag will die BLG die Nutzung der automatisierten und anonymisierten Prozessanalyse von MotionMiners an weiteren Automobil-Inlandterminals institutionalisieren. „Bei vergleichbaren Themen lohnt es sich, die dortigen Prozesse genauer zu betrachten“, folgert Nell. Auch in der Kontraktlogistik sieht der erfahrene Prozessanalyst noch ein hohes Potenzial.
Geplant: Betriebsdaten-Matching und Vehicle-Logger
Die BLG plant, künftig weitere Features von MotionMiners einzubinden. Zur besseren Bewertung des Flottenmanagements soll das „sogenannte Flottenpaket, bestehend aus dem Vehicle Logger sowie dem Sensor- und Smartbeacon eingesetzt werden. Mit diesem Sensorset lassen sich Bewegungen des Fahrzeugs, Gabelspielzeiten/Hubhöhen sowie Leer-/Vollfahrten protokollieren. Bei der Auswertung wollen die BLG-Analysten zusätzlich die Funktion des Betriebsdaten-Matchings nutzen. Hierbei werden die mit Motion-Mining-Technologie erhobenen Bewegungsdaten und eigenen Daten aus TMS-, WMS- und ERP-Systemen in der MotionMiners-Analyseplattform kombiniert ausgewertet.
„Damit würden wir eine neue Qualität bei der Analyse erreichen“, freut sich Dittmann und begründet, „mit MotionMiners haben wir bereits die blinden Vorgänge zwischen den Scanpunkten sichtbar gemacht. Durch den Einbezug unserer Statusinfos oder Auftragsdaten können wir die Prozesse weiter herunterbrechen.“ Mit dieser tieferen Analyse ließen sich konkret beispielsweise folgende Fragestellungen beantworten: Welche Fahrzeuge sind besonders aufwendig in der Aufbereitung? Für welche Packstücke ist das Handling sehr zeitintensiv?
Kennzahlen für den Neubau
Die Zusammenarbeit mit MotionMiners ist von einem kompetenten schnellen Support geprägt. Auch wenn die Analysten alle Schritte in Eigenregie übernehmen, können sie sich in jeder Projektphase auf die Unterstützung des Technologieunternehmens verlassen. So war MotionMiners zu Projektbeginn am BLG-Autoterminal in Hamburg beratend zugegen, um die Datenmessung optimal vorzubereiten. Auf dem 324.000 m2 großen Gelände mit 10.000 Pkw-Stellplätzen fließen die Ergebnisse der MotionMiners-Analysen zusätzlich in ein strategisches Projekt ein. Dort werden aktuell die Weichen für den Neubau einer multifunktionalen Halle gestellt. Diese soll alle dortigen Leistungen wie Lackierung, Aufbereitung sowie Werkstatt und Mechanik unter einem Dach vereinen. „Lauf- und Fahrwege, Flächeneffizienz sowie ergonomische Arbeitsweisen werden entlang der mit MotionMiners ermittelten Kennzahlen optimiert“, erklärt Dittmann.
BLG-Autoterminal in Hamburg
Der trimodale Autoterminal Hamburg von BLG LOGISTICS liegt auf der Kattwyk-Halbinsel an der Elbe. Auf einer Gesamtfläche von 324.000 m² und einer Stellplatzkapazität für 10.000 Fahrzeuge werden dort jährlich etwa 150.000 Einheiten umgeschlagen und für die Endkunden vorbereitet. Neben den Automobilherstellern werden Kunden aus den Bereichen Händler, Großflotten, Remarketing, Autovermieter und Auktionshäuser bedient. Zu den Dienstleistungen zählen Aufbereitung, Übergabeinspektion, Umrüsten von Reifen, Lackierung, Folierung sowie weitere Werkstatt- und Mechaniktätigkeiten.
Über MotionMiners
Sascha Kaczmarek, Dr.-Ing. Sascha Feldhorst und Dr.-Ing. René Grzeszick gründeten im Oktober 2017 gemeinsam die MotionMiners GmbH. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen am Standort im Technologie Zentrum Dortmund rund 70 Mitarbeitende. Das Unternehmen möchte den weltweit flexibelsten und umfangreichsten Analysewerkzeugkasten für menschliche Tätigkeiten bereitstellen. Dieser soll die tägliche Arbeit der Analysten sowie die ergonomischen Arbeitsbedingungen der operativen Mitarbeitende innerhalb der untersuchten Prozesse kontinuierlich verbessern.
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