3.3 Motion-Mining®: Automatisierte Datenerhebung mit Sensoren & KI
Motion-Mining® markiert einen Paradigmenwechsel in der Prozessanalyse: Während klassische Methoden auf manueller Beobachtung oder modellhaften Annahmen basieren, erhebt Motion-Mining® Prozessdaten automatisiert im realen Arbeitsumfeld. Moderne Sensortechnologie erfasst Bewegungen und Aktivitäten direkt im Prozess, künstliche Intelligenz analysiert die entstehenden Datenmengen objektiv und reproduzierbar.
Mitarbeiter:innen tragen hierfür kompakte Wearables. Jeweils an beiden Handgelenken sowie einen zusätzlichen Sensor im Gürtelclip. Ergänzend kommen Bluetooth-Beacons zum Einsatz, die eine räumliche Zuordnung der anonymisierten Bewegungsdaten ermöglichen. So lassen sich Positionen, Bewegungsmuster, Aktivitäten und Interaktionen über einen definierten Zeitraum erfassen, ohne den Arbeitsablauf zu beeinflussen. Die Datenerhebung erfolgt während der regulären Tätigkeit und bildet damit reale Prozesssituationen statt theoretischer Idealabläufe ab.
Der besondere Mehrwert von Motion-Mining® liegt in der durchgängigen Transparenz komplexer Prozesse: Abfolgen, Unterbrechungen, Wartezeiten und Wege werden sichtbar und quantifizierbar, insb. auch dort, wo herkömmliche Analysen an ihre Grenzen stoßen.
Neu: Transparenz auch für Fahrzeuge
Seit 2025 geht Motion-Mining® über die Analyse menschlicher Tätigkeiten hinaus. Mit einer sensorbasierten Flottenanalyse lassen sich nun auch Bewegungen und Auslastungen von Fahrzeugen systematisch erfassen. In vielen Unternehmen gleichen diese Fahrzeugbewegungen bislang einer Blackbox:
- Wie hoch ist die tatsächliche Auslastung einzelner Fahrzeuge?
- Wo entstehen Wartezeiten?
- Welchen Anteil haben Leerfahrten an der Gesamtbewegung?
- In welchen Hubhöhen arbeiten die Fahrzeuge entlang des Prozesses?
Ohne objektive Daten bleiben diese Fragen meist unbeantwortet.
Die Datenerhebung erfolgt über ein modulares Sensorset mit bis zu drei Sensoren pro Fahrzeug. Der Basissensor, der sogenannte Vehicle Logger, erfasst die grundlegenden Fahrzeugbewegungen. Ergänzend können zwei weitere Sensoren an der Gabel angebracht werden, um beispielsweise Gabelspielzeiten, Hubhöhen sowie Leer- und Vollfahrten zu messen. Die Lokalisierung der Fahrzeuge erfolgt indoor über Bluetooth-Beacons, im Außenbereich über GPS.
Durch die Kombination von Bewegungs-, Nutzungs- und Positionsdaten entsteht erstmals ein vollständiges, datenbasiertes Bild der Intralogistikflotte. Ineffizienzen werden sichtbar, Potenziale quantifizierbar und fundierte Entscheidungen zur Prozess- und Flottenoptimierung möglich.
Aus Millionen von Datenpunkten entstehen aussagekräftige Visualisierungen: Heatmaps zeigen Bewegungsschwerpunkte und machen Laufwege sichtbar, Zeitanalysen decken versteckte Wartezeiten oder Engpässe auf. Das Resultat ist ein objektives, datenbasiertes Abbild der tatsächlichen Arbeitsrealität. Motion-Mining® modelliert keinen Soll-Zustand, sondern dokumentiert den tatsächlichen Ist-Zustand im Prozessgeschehen.
Die Stärken von Motion-Mining® liegen in der Kombination aus Skalierbarkeit, Objektivität und Realitätsnähe. Anders als bei klassischen Methoden können viele Mitarbeiter:innen gleichzeitig über Wochen oder Monate anonymisierte Bewegungsdaten generieren, ohne dass Analysten physisch präsent sein müssen. Die Datenerhebung erfolgt unter realen Arbeitsbedingungen mit all ihren Unwägbarkeiten, Störungen und Variationen – genau dort also, wo sich die wahren „Bottlenecks“ verbergen. Beobachtereffekte entfallen vollständig, und die schiere Datenmenge ermöglicht statistisch robuste Aussagen auch über seltene Ereignisse oder hochvariable Prozesse. Für die Intralogistik erschließt Motion-Mining® völlig neue Möglichkeiten. Verschwendung wird mit bisher unerreichter Präzision quantifizierbar: Wie viele Kilometer legen Kommissionierer täglich zurück? Wo entstehen systematisch Wartezeiten? Welche Bereiche sind überlastet, welche unterausgelastet? Welche Fahrzeuge werden für innerbetriebliche Transporte genutzt? Wie ist das Verhältnis von Voll- zu Leerfahrten und in welchen Hubhöhen agieren meine Fahrzeuge hauptsächlich?
Diese Fragen lassen sich nicht nur beantworten, sondern auch nach Schichten, Wochentagen oder Auftragsprofilen differenzieren. Die Geschwindigkeit der Erkenntnisgewinnung übertrifft klassische Methoden deutlich, denn erste Einschätzungen liegen oft schon nach wenigen Tagen vor. Besonders überzeugend ist die geringe Eingriffsintensität. Mitarbeiter:innen können ihre Arbeit ungestört fortsetzen, Produktionsabläufe werden nicht unterbrochen, und die Akzeptanz ist, bei transparenter Kommunikation, typischerweise hoch. Viele Beschäftigte schätzen sogar, dass endlich objektiv sichtbar wird, wo strukturelle Probleme liegen, statt dass individuelle Leistung hinterfragt wird. Motion-Mining® schafft damit eine gemeinsame Faktenbasis für Verbesserungsdiskussionen zwischen Management, Betriebsrat und operativen Teams.
Darüber hinaus bildet die Methode eine hervorragende Grundlage für kontinuierliche Verbesserung und agile Optimierungszyklen. Änderungen lassen sich in ihrer Wirksamkeit präzise messen, A/B-Tests verschiedener Layoutvarianten werden möglich, und die Entwicklung von KPIs über die Zeit lässt sich lückenlos nachvollziehen. In Kombination mit anderen Datenquellen, etwa aus ERP-, WMS- oder MES-Systemen, entstehen ganzheitliche Prozessanalysen, die weit über reine Bewegungsdaten hinausgehen und noch tiefere Einblicke in die Prozesse ermöglichen. Die Basis für noch bessere Analyseergebnisse.
Limitierungen und Einordnungen von Motion-Mining®
Für die Datenerhebung ist ein initiales Hardware-Setup erforderlich: Wearables müssen bereitgestellt und für den Analysezeitraum getragen werden. Das System muss mit Beacons für eine Indoor-Lokalisierung ausgestattet werden. Erst durch die aktive Teilnahme der Mitarbeiter:innen können reale Bewegungsdaten im laufenden Betrieb erfasst werden. Aber genau das genügt.
Der Implementierungsaufwand bleibt dabei bewusst gering. Dank eines Plug-and-Play-Ansatzes ist keine Integration in bestehende IT-Systeme notwendig. Die erfassten Daten werden entweder automatisiert per WLAN an das Analysedashboard übertragen oder alternativ über eine Docking-Station mittels USB-Stick exportiert. Beide Varianten sind einfach, schnell umsetzbar und auch in IT-restriktiven Umgebungen praktikabel.
Zentral ist zudem die konsequente Berücksichtigung von Datenschutz und Compliance. Motion-Mining® erfasst ausschließlich anonymisierte Bewegungsdaten und keine personenbezogenen Leistungs- oder Verhaltensprofile. Die Datennutzung folgt klar definierten rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen und ist integraler Bestandteil jeder Analyse.
Eine inhaltliche Limitation besteht darin, dass Motion-Mining® derzeit Daten und Transparenz liefert, jedoch noch keine automatisierten Lösungsvorschläge generiert. Die Analyseergebnisse benötigen Interpretation und müssen stets im spezifischen Prozesskontext bewertet werden. Eine lange Wegstrecke kann auf ein ineffizientes Layout hindeuten oder auf bewusst ausgelagerte Qualitätsprüfungen. Wartezeiten können Ausdruck von Verschwendung sein, aber ebenso notwendige Puffer zur Stabilisierung schwankender Prozesse.
Genau an dieser Stelle zeigt sich: Prozessdaten allein ersetzen keine Prozessexpertise – sie schaffen jedoch die notwendige Grundlage für fundierte Entscheidungen.
Um Unternehmen bei der Ableitung konkreter Verbesserungsmaßnahmen zu unterstützen, erweitert MotionMiners das Motion-Mining®-Portfolio um die digitale Prozessberatungsplattform SOLUTIONS. Sie setzt genau dort an, wo datenbasierte Transparenz in Entscheidungsbedarf übergeht. Über eine intelligente Suche, hinter der ein Large Language Model arbeitet, können Anwender:innen ihre konkreten Herausforderungen beschreiben oder gezielt nach typischen Prozessproblemen filtern – etwa „lange Wegezeiten in der Kommissionierung“, oder „hohe ergonomische Belastung“.
Die Plattform führt gezielt zu sogenannten Solution-Seiten, auf denen eine breite Palette möglicher Optimierungsansätze vorgestellt wird. Diese reicht von organisatorischen Maßnahmen über Layout- und Prozessanpassungen bis hin zu technischen Lösungen wie Fahrerlosen Transportsystemen, neuer Zonierungslogik, Exoskeletten oder IT-gestützten Optimierungen der Pickreihenfolge.
Die dargestellten Lösungen basieren auf dem langjährigen Projekterfahrungsschatz von MotionMiners aus Industrie, Handel und Logistik. Jede Solution-Seite beschreibt transparent, für welche Prozesssituationen sich eine Maßnahme eignet, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Verbesserungspotenziale realistisch sind. Zudem sind mehrere Anbieter angebunden, sodass Anwender:innen Lösungen vergleichen, bewerten und direkt in Kontakt treten können.
SOLUTIONS fungiert damit als neutraler Marktplatz für Prozessverbesserung und die Plattform bedient sich dabei an Lösungen, die aus dem wachsenden Partner-Ökosystem stammen. Die Plattform reduziert die Hürde zwischen Problemerkennung und Lösungsfindung erheblich: Statt einseitiger Marktrecherche oder sofortiger Beratungsprojekte erhalten Unternehmen innerhalb kurzer Zeit, eine fundierte Orientierung über mögliche Handlungsoptionen.
Automatisierte Lösungsvorschläge im engeren Sinne sind damit noch nicht vollständig realisiert. Doch SOLUTIONS markiert den nächsten Entwicklungsschritt bei den MotionMiners: die systematische Verbindung von datenbasierter Analyse, erprobter Prozessexpertise und einem strukturierten Zugang zu konkreten Optimierungsmaßnahmen.